Klimabilanzen Batterieauto, Wasserstoff, Verbrenner: Wer schneidet wie ab
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Welche Antriebe eignen sich, um den Pkw-Verkehr sauberer zu machen? Dazu gibt es nun eine weitere Studie. Wie E-Autos abschneiden, welche Zukunftschancen das ICCT Verbrennern einräumt und mit welchen Problemen Wasserstoff-Fahrzeuge zu kämpfen haben.

Automobilhersteller müssen ihre Flotten dekarbonisieren. Pläne, wie die jüngst bekannt gewordene EU-Offensive „Fitfor55“ lassen der Industrie keine andere Wahl. Doch welcher Antriebsmix ist dafür der richtige? Oder gibt es gar die eine Optimallösung? Derartige Diskussionen köcheln unentwegt vor sich hin.
Studien gibt es dazu bereits zuhauf. Im Prinzip kann man bei jeder neuen Veröffentlichung eine Stoppuhr stellen, bis aus einem „rivalisierenden“ Lager eine lange Liste an angeblichen Fehlern in den Publikationen geteilt wird.
ICCT sieht nur zwei Optionen
Nun hat sich mit dem International Council on Clean Transportation (ICCT) erneut eine (namhafte) Organisation an eine Auswertung gewagt. Ein zentrales Ergebnis von Studienautor Georg Bieker: „Batteriefahrzeuge, die mit Strom aus erneuerbaren Energien angetrieben werden, sowie Brennstoffzellenfahrzeuge, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, sind die einzigen beiden Technologiepfade, um eine Dekarbonisierung der europäischen Autoflotte bis 2050 zu erreichen.“
Heißt: Herkömmlichen Verbrennern, Hybriden aller Art und Gasfahrzeugen steht nach ICCT-Ansicht keine rosige Zukunft bevor. Im Gegenteil. Schon heute würden rein batteriebetriebene Fahrzeuge in der Kompaktklasse über den gesamten Lebenszyklus hinweg 66 bis 69 Prozent weniger CO2 freisetzen als vergleichbare Verbrenner. Hybride wären um etwa 20 Prozent besser unterwegs, Plug-in-Hybride um 25 bis 27 Prozent. CNG-Autos könnten laut der Studie sogar mehr Treibhausgase ausstoßen als Benziner und Diesel.
Für ihre Betrachtung zogen die Studienautoren die gesamte Lebensdauer von Autos inklusive Herstellung ein. Zugrunde legten sie den erwarteten Strommix für die Jahre 2021 bis 2038 in Europa. Als erwartete Gesamtfahrleistung wählte das ICCT bei Verbrennern 243.000 Kilometer, bei Akkus ging es davon aus, dass diese bis zur Verschrottung durchhalten. Ein Batteriewechsel würde in diesem Szenario nicht nötig, was für die Umweltbilanz der E-Autos klar von Vorteil ist. Aber auch bei pessimistischeren Annahmen hätten die Stromer wohl noch einen deutlichen Vorteil gegenüber den Verbrennern.
Hinzu kommt laut den Studienautoren: Die Bilanz der Elektroautos wird sich weiter verbessern. Nämlich dann, wenn der Strommix in den kommenden Jahren besser wird. Das hilft im Realbetrieb. Das hilft aber auch in der Produktion: Denn wenn die Industrie mehr grünen Strom einsetzt, wird auch die gesamte Herstellung nachhaltiger. Stünde zu 100 Prozent Energie aus regenerativen Quellen zur Verfügung, hätten reine E-Autos nach der ICCT-Rechnung sogar einen CO2-Vorteil von 81 Prozent gegenüber vergleichbaren Verbrennern.
Brennstoffzelle: Nur unter Umständen hilfreich
Bleibt noch die Frage: Wie schneiden Brennstoffzellenfahrzeuge ab? Das hängt maßgeblich vom genutzten Wasserstoff ab. Könnten die Fuel-Cell-Fahrzeuge auf 100 Prozent grünen Wasserstoff zurückgreifen, hätten sie laut ICCT eine um 76 Prozent besser Klimabilanz als Verbrenner. Damit wären sie also auch nicht allzu weit von Elektroautos im Optimalszenario entfernt.
Die höheren Emissionen erklären die Autoren damit, dass die Nutzung von strombasiertem Wasserstoff in etwa dreimal so energieintensiv sei wie die direkte Umsetzung von Strom in Bewegung in Elektroautos. Auch in der Produktion hätten Fuel-Cell-Fahrzeuge anders als häufig angenommen keinen Vorteil: Denn die Herstellung eines Wasserstofftanks mit Carbonfasern sei mit ähnlichem Energieverbrauch verbunden wie die Batterieproduktion, heißt es vom ICCT.
Das Problem: Grüner Wasserstoff ist derzeit kaum verfügbar. In Deutschland macht er aktuell beispielsweise nur rund vier Prozent des gesamten H2-Aufkommens aus. Stattdessen stammt ein Großteil aus der Reformierung von Methan aus Erdgas (sogenannter „grauer Wasserstoff“). Unter diesen Voraussetzungen setzen Brennstoffzellenfahrzeuge derzeit „nur“ 26 Prozent weniger Treibhausgase frei als vergleichbare Verbrenner.
E-Fuels schreibt das ICCT ab
Keine Option für die Zukunft sehen die ICCT-Mitarbeiter übrigens darin, Verbrenner künftig mit synthetischen Kraftstoffen zu betanken. Deren Herstellung sei mit hohen Kosten verbunden. Deshalb könnten E-Fuels nicht wesentlich zur Dekarbonisierung beitragen, heißt es.
Ähnliche Trends haben die Autoren nach eigenen Angaben auch in Untersuchungen für die USA, Indien und China feststellen können. Ihre Empfehlung lautet deshalb: Die Zulassung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor sollte zwischen 2030 und 2035 auslaufen.
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