E-Mobilität KIT: Brennstoffzellenforschung für Brummis

Autor Steffen Dominsky

Das EU-Klimaziel, den CO2-Ausstoß von neuen Pkws bis 2030 um 37,5 Prozent zu senken, soll bereits in fünf Jahren auch auf schwere Nutzfahrzeuge ausgedehnt werden. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sehen für den Antrieb schwerer Nutzfahrzeuge die Brennstoffzellentechnologie als passende Antwort auf diese Herausforderung.

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Gerade Nutzfahrzeuge profitieren bei der Elektrifizierung von der Brennstoffzellentechnologie.
Gerade Nutzfahrzeuge profitieren bei der Elektrifizierung von der Brennstoffzellentechnologie.
(Bild: KIT)

Sie sind quasi ausgereizt: Konventionelle Lkw-Antriebsstränge mit Dieselaggregaten sind bereits heute optimiert bis zum Anschlag. Weitere Verbrauchs- und damit Kraftstoffeinsparpotenziale? Kaum vorhanden! Deshalb führt auch bei schweren Nutzfahrzeugen kein Weg an der Elektrifizierung vorbei. Dieser Ansicht sind Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Doch lassen sich hier bestehende Lösungen zum batterieelektrischen Antrieb von Pkws nicht direkt übertragen. Die benötigte Batterie sei zu groß, zu schwer, und die Ladezeiten seien zu lang, sagen sie.

Diese Ansicht teilt auch die Politik. Neben dem Einsatz synthetischer Kraftstoffe sieht sie insbesondere großes Potenzial darin, wenn das Nutzfahrzeug über eine Brennstoffzelle und damit durch die Nutzung von Wasserstoff mit Energie versorgt wird. Erste Fahrzeuge sind bereits verfügbar. Jedoch muss die Brennstoffzellenentwicklung bei einer Einführung bis 2025 deutlich beschleunigt werden. „Taktgeber für die Beschleunigung der Brennstoffzellenentwicklung ist die Produktionstechnik“, so Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, die baden-württembergische Landesministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau.

Membran in der Brennstoffzelle ist entscheidend

Bei einem Brennstoffzellenfahrzeug genügt zum Antrieb ein leichtes Brennstoffzellensystem. Der benötigte Wasserstoff lässt sich schnell nachtanken. Ein entscheidender Schritt in der Fertigung einer Brennstoffzelle besteht darin, die „Membrane Electrode Assembly“ (MEA) herzustellen und zu verarbeiten. Die MEA ist ein Verbundbauteil, dessen Kernstück die Polymer-Elektrolyt-Membran (PEM) ist. Die PEM ist nur wenige Mikrometer dünn und verändert sich stark, wenn sich die Luftfeuchtigkeit ändert. Dadurch können Beschädigungen, Risse oder Ablösungen entstehen, durch die das gesamte Verbundbauteil nicht mehr nutzbar ist. Aktuell muss, um dies zu vermeiden, die gesamte Produktionsfläche klimatisiert und geregelt werden.

Ein solches System zu installieren, erfordert derzeit einen hohen Planungsaufwand und verursacht hohe Kosten – sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb. „In unserem Forschungsvorhaben ‚KliMEA‘ untersuchen wir daher die Möglichkeiten, das MEA-Verbundbauteil nur lokal in Form eines sogenannten Microenvironments zu klimatisieren. Hierbei wird die PEM an mehreren Stellen unter einer Art Käseglocke gesondert mit dem richtigen Klima an der richtigen Stelle verarbeitet“, erklärt Professor Jürgen Fleischer, Leiter des „wbk Instituts für Produktionstechnik“ des KIT. Dank dieses Verfahrens kann die MEA-Fertigung künftig flexibel gestaltet werden, was die Stückzahlen angeht, sowie maßgeblich beschleunigt und somit ressourcenschonender und kostengünstiger umgesetzt werden.

„KliMEA“: Ziele und Partner

„KliMEA“ steht für „Klimaadaptive und modellgestützte Membrane-Electrode-Assembly-Fertigung“. Das wbk leitet das Projekt mit zwei Fachbereichen. Als Projektpartner untersucht die Arbeitsgruppe Thin Film Technologies (TFT) des KIT vor allem das Feuchtigkeitsaufnahmeverhalten der PEM. Dieses Bauteil beeinflusst das Verhalten der MEA wesentlich. Es wird länger oder kürzer, wenn sich die Luftfeuchtigkeit verändert. Ein Team des wbk untersucht darauf aufbauend in Simulationen genauer, wie sich die Veränderungen der PEM auf die MEA auswirken, um so das nötige Prozesswissen zu erlangen.

Als Projektpartner bringt die Daimler Truck Fuel Cell GmbH ihr Expertenwissen zur industriellen MEA-Fertigung ein. Die E-mobil BW GmbH unterstützt das Projekt mit ihrer Kompetenz aus dem langjährigen Management des Clusters Brennstoffzelle Baden-Württemberg. Im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg fördert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau das Forschungsvorhaben bis Ende 2021 mit rund einer Million Euro.

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