Marktanalyse Elektrische Pickups als Zugnummer der Mobilitätswende?

Quelle: sp-x

Zu groß, zu schwer und die Konstruktion seit einem halben Jahrhundert kaum verändert: Kein Fahrzeugtyp ist so anachronistisch wie der Pickup, und vor allem in den USA so erfolgreich. Ausgerechnet diese Dinosaurier könnten jetzt zur Zugnummer für die Mobilitätswende auf dem größten Automarkt der Welt werden.

Ford hat sich beim elektrischen F-150 schwer beeilt.
Ford hat sich beim elektrischen F-150 schwer beeilt.
(Bild: Ford)

Tesla, Tesla, Tesla und dazwischen jede Menge Nissan Leaf, VW ID 4, Porsche Taycan und der Hyundai Ioniq – egal ob in Los Angeles an der Westküste oder in New York an der Ostküste: Auch auf den Straßen Amerikas hat die Mobilitätswende längst begonnen und das Elektroauto ist nicht mehr weg zu denken.

Doch wer von den Küsten ins Landesinnere schaut, der sieht ein ganz anderes Bild: Es ist nachmittags um fünf und der Parkplatz von Atwoods in Waco ist gut gefüllt. Nur Autos sieht man hier kaum. Vor dem rustikalen Superstore für Sportartikel und Farmbedarf stehen fast ausschließlich Pickup-Trucks, Ford F-150, Chevrolet Silverado, Ram 1500 und der Toyota Tundra, der ein paar hundert Meilen weiter produziert wird. Drüben vor der Homstead Farm, einer Mischung aus Museumsdorf und Bauernmarkt für weit gereiste Touristen, und am Magnolia Market im Stadtzentrum gleiche Bild.

Zwei Millionen Pickups jährlich in den USA verkauft

Und selbst in Houston, mit 2,3 Millionen Einwohnern immerhin die viertgrößte Stadt in den USA, verlieren sich die wenigen SUV und die seltenen Stufenheck-Limousinen vor der Brick House Tavern nahe des Flughafens zwischen den gewaltigen Pritschenwagen. Willkommen in Truck-Country, willkommen in Texas.

Während Elektroautos hier noch eine Seltenheit sind und man in Orten wie Waco die Tesla-Sichtungen pro Tag an einer Hand abzählen kann, werden allein zwischen Dallas und Houston ein Fünftel der bis zu zwei Millionen Pickups verkauft, die in den USA jedes Jahr neu auf die Straße kommen. Selbst wenn ausgerechnet Tesla sein Hauptquartier gerade in den Öl- und Rinderstaat verlegt hat, ist es hier mit der Mobilitätswende noch nicht so weit her. Und das sieht in den anderen Staaten des Mittleren Westens nicht viel anders aus.

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F-150 Lightning mit bis zu 500 Kilometer Reichweite

Einer, der das ändern will, ist Darren Palmer. Der leitet die Entwicklung der Elektroautos bei Ford und hat jetzt mit dem F-150 Lightning den vielleicht wichtigsten Ford seit dem Model T auf die Räder gestellt: Genauso praktisch und robust wie ein konventioneller F-150 und mit einem Grundpreis knapp unter 40.000 Dollar auch genauso billig, verspricht der bis zu 580-PS-starke Pritschenwagen im besten Fall über 500 Kilometer Reichweite und puffert mit seinem 98- oder 135-kWh-großen Akku zudem den Familien-Strom für drei Tage, wenn im Land der labilen Stromversorgung daheim mal wieder die Lichter ausgehen.

„Das ist the real Deal, das richtige dicke Ding“, ist Palmer deshalb überzeugt. Schließlich sei der F-150 seit fast einem halben Jahrhundert das meistverkaufte Auto in Amerika. „Damit eröffnen wir der Elektromobilität eine völlig neue Zielgruppe und bahnen ihr den Weg in die Breite der Gesellschaft.“

Denn dass die Amerikaner irgendwann mal von ihrem Pickup lassen würden und auf andere, gar kleinere Fahrzeuge umsteigen würden, ist denkbar unwahrscheinlich: Der Pickup ist fest in der Volksseele verankert und gehört als moderne Ausgabe des Planwagens zu Amerika wie Bier, Burger und Baseball. Doch nachdem die USA noch immer der größte Automobilmarkt der Welt sind – erst recht, seitdem China im Corona-Lockdown ist – ist der US-CO2-Ausstoß auch für den Rest des Globus mehr als relevant. 

Nicht der erste E-Pickup

Zwar ist der F-150 nicht der erste elektrische Pickup. Denn mit der Idee hausiert Tesla schon seit über zwei Jahren, wenngleich es vom Cybertruck bislang nur ein Exemplar gibt. Und Rivian hat seinen R1T schon seit dem letzten Herbst im Handel. Doch ist der Lightning der erste Truck, der auf die Masse zielt und deshalb zum Beispiel auch hier in Texas punkten wird. Nicht umsonst berichten lokale Händler, die schon mal 1.000 F-150 pro Jahr verkaufen, von teilweise über 200 Vorbestellungen.

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