Kfz-Sachverständigen Forum Ersetzt KI den Sachverstand?
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Warum sollte sich der Kfz-Sachverständige neuen Herausforderungen stellen, wenn er die alten noch nicht beherrscht? Aus Sicht von Prüfdienstleistern und Versicherungen eine berechtigte Frage, denn die zweifeln immer wieder an Kfz-Schadengutachten, und setzen zunehmend auf KI. In Würzburg zeigte sich die Fachwelt allerdings einig – KI macht es (noch?) nicht besser.

Im November 2021 fand das Kfz-Sachverständigen Forum bereits zum fünften Mal statt – wieder mit wertvollen Informationen für die Berufsgruppe. Unter dem Leitmotiv „Alte und neue Herausforderungen für den Kfz-Sachverständigen – Bestehende und neue Geschäftsfelder“ griffen Experten aus dem Sachverständigenwesen und der Juristerei die aktuellen Themen der Branche auf. Das Forum führte das Fachmedium »Fahrzeug+Karosserie« in Kooperation mit Autorechtaktuell.de durch. Unterstützt wurde die Veranstaltung von der DAT Deutsche Automobil Treuhand sowie der Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ) und fünf weiteren Ausstellern.
Im Kern ging es um den Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf das Schadengutachten, rechtssichere Werte im Kfz-Schadengutachten, Vorschadenproblematik und neue Technologien im Kraftfahrzeug. Versierte Rechtsanwälte und Sachverständige berichteten über die Risiken der neuen Anforderungen, aber auch über neue Geschäftsfelder für Sachverständige, beispielsweise wie sie das allgegenwärtige Thema Digitalisierung für sich nutzen können. Das birgt einerseits Effizienzsteigerung und andererseits die Chance, sich bei den Vermittlern Autohaus und Werkstatt fester zu verankern – sprich Kundenbindung zu betreiben.
Der DAT-Geschäftsführer Helmut Eifert, erklärte zu Beginn, dass der Kfz-Sachverständige sich gut auf die neuen Herausforderungen vorbereiten müsste und warf die Frage auf, ob der Sachverstand künftig digitalisiert werde und man den Sachverständigen nicht mehr brauche? „Der Sachverständige muss die zur Verfügung stehenden Tools gewinnbringend nutzen, um eventuell mehr machen zu können und seine Effizienz zu steigern“, führte Eifert aus. In diesem Zusammenhang stellte Eifert das DAT-Tool Fast Track AI vor. Hiermit sei eine Schadenaufnahme mit Kalkulation in Echtzeit möglich. Dabei greife die Software auf aktuelle OEM-Daten und auf die Expertise der SilverDat zurück.
Solche Tools seien notwendig, weil immer mehr unverständige versuchen würden, über die zur Verfügung stehenden Tools Profiarbeit zu leisten. Laut aktuellem DAT-Report würden sich 56 Prozent der befragten Autofahrer in der Lage sehen, nach einem Unfall via Handy eine Schadendokumentation vorzunehmen. „Nur 21 Prozent sagen hierzu nein, der Rest ist noch unschlüssig – das Vertrauen in die Technik wächst“, führte Eifert aus. damit verlagere sich die Kompetenz des Sachverständigen in Richtung nicht kundiger Personen, die das Fahrzeug anders sehen, als der Sachverständige, so Eifert weiter.
Der Kfz-Sachverständige Patrick Betzing erläuterte im Anschluss, wie belastbare Werte in das Gutachten kommen, das heißt, Werte, die auch in einem eventuellen Gerichtsverfahren standhalten. Doch bevor er auf die Werte im Gutachten einging machte Betzing eine grundsätzliche Aussage: „Wir Sachverständige sollen uns neuen Herausforderungen stellen, werden aber scheinbar den alten teilweise noch nicht wirklich gerecht – Prüfdienstleister zweifeln das zumindest immer an. Die stellen unsere Gutachten auf den Kopf und belästigen uns immer mehr mit Stellungnahmen zu unserem Gutachten."
Diesen Faden griff der BGH-Richter Thomas Offenloch auf und erläuterte die BGH-Rechtsprechung zu Gutachtenpositionen. Zudem erklärte Rechtsanwalt Jochen Pamer, wie eventuelle Versicherungseinwendungen zum Kfz-Sachverständigen-Gutachten berücksichtigt werden. Und der vorsitzende Landgerichtsrichter Dr. Jens Rogler ging auf die Vorschadenproblematik ein.
Dieses Problem komme daher, weil der Geschädigte nach §249 BGB verlangen könne, statt der Herstellung seines Fahrzeugs den zur Reparatur erforderlichen Geldbetrag zu bekommen. Ein Ersatzanspruch bestehe aber grundsätzlich nur für Neuschäden, das heißt, der Geschädigte kann vom Schädiger nur das verlangen, was dieser ihm kaputt gemacht hat. Wenn nun der der Haftpflichtversicherer den Umfang oder die Höhe des Schadens mit der Begründung bestreite, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beeinträchtigt worden, verbleibe die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Kläger.
Darüber hinaus beschäftigte sich die Veranstaltung mit den Herausforderungen der Gutachtenerstellung bei Elektro-Fahrzeugen. Lesen Sie die ausführliche Berichterstattung zum Kfz-Sachverständigen Forum in der Ausgabe 1/2 2022.
Übrigens, das nächste Kfz-Sachverständigen Forum findet am 31. März 2022 statt. Sie können sich bereits anmelden.
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