30 Jahre Toyota Prius Japans Beitrag zur Automobilgeschichte

Quelle: sp-x Lesedauer: 5 min |

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Den blauen Planeten grüner machen und so als Weltretter Geschichte schreiben: Mit diesen Ambitionen begann bei Toyota vor 30 Jahren die Entwicklung des ersten millionenfach verkauften Hybridautos Prius. Heute fährt er bereits in fünfter Generation, aber die Hybrid-Zukunft ist fast Vergangenheit.

Die erste Generation des Toyota Prius feierte 1997 auf der Tokyo Motor Show ihre Weltpremiere.
Die erste Generation des Toyota Prius feierte 1997 auf der Tokyo Motor Show ihre Weltpremiere.
(Bild: Toyota)

Der neue, fünfte Toyota Prius in sportlicher Silhouette als Gewinner des Red-Dot-Design-Awards 2023 und damit auf Augenhöhe mit aufregenden Ferrari-Modellen: Diesen spektakulären Relaunch haben dem bisher skurril verpackten Hybrid-Pionier nicht einmal Fachleute zugetraut.

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Allerdings fiel die Bilanz des 1993 initiierten und vier Jahre später in eigenwilligen Karosseriekleidern in Großserie gebrachten japanischen Öko-Aktivisten schon zuvor beeindruckend aus: Weltweit konnte Toyota bereits über fünf Millionen Einheiten des ersten Großserienautos mit Doppelherz aus Verbrenner und Elektromotor absetzen. Der Prius machte die Hybridisierung zum Hype, dem heute die meisten Hersteller folgen, sei es als Mild-, Voll- oder Plug-in-Hybrid.

Serienauto in Vorreiterrolle

Letzterer übrigens ebenfalls eine Toyota-Erfindung: Im Jahr 2010 machte der Prius seinem Modellnamen („zuerst“) erneut Ehre und ging als global erster Plug-in-Hybrid in Großserie. Fünf Jahre später spielte der Prius abermals den Vorreiter, diesmal als erstes Serienauto, das mit Solarstrom fährt.

Und die Konkurrenz? Sie schlief nicht, wie die vielen frühen Hybrid-Anläufe von Audi, Alfa oder Honda zeigten, aber Toyota hatte am Ende die Nase vorn. Schließlich wollten sich die Japaner einen Eintrag ins Geschichtsbuch sichern, wie der Toyota-Manager und spätere Präsident Fujio Cho bei der Vorstellung der Toyota-Umwelt-Roadmap „Earth Charter“ ankündigte.

„Es ärgert mich, wenn es heißt, dass Japan in 100 Jahren noch keinerlei Beitrag zur Entwicklung des Automobils geleistet hat“, erklärte Fujio Cho und gab 1993 das Signal für die Entwicklung des Toyota Prius und damit den Start ins Zeitalter elektrischer Mobilität. Wie von Fujio Cho erhofft, lud der Prius die Marke Toyota mit dem Image eines Innovationsführer auf, der Antworten auf die Umweltherausforderungen des frühen 21. Jahrhunderts gab.

Hybrid-Fans unter Promis und Politikern

Hybrid fahren galt in den Nuller-Jahren als ökologisch wertvoll und so stylish, dass sich umweltbewusste Promis und Politiker nur zu gerne mit einem eigenwillig geformten Prius auf den roten Teppich fahren ließen. Und Fujio Cho konnte 2005, am Ende seiner Amtszeit als CEO, nicht nur die ökologisch wertvollen Früchte seiner Arbeit ernten: Der Toyota-Konzern war damals auf dem Weg zum größten Fahrzeughersteller der Welt und verbuchte mehr Profit als Daimler-Chrysler, General Motors und VW zusammen.

Dabei waren es doch ursprünglich Europäer, die die komplizierte Hybridtechnik auf die Straße bringen wollten. Etwa Ferdinand Porsche, der im Jahr 1900 für die Wiener Firma Lohner ein Fahrzeug mit der Kraft der zwei Herzen konstruierte. Oder die VW-Tochter Audi, die 1989 den Typ Duo als Plug-in-Hybrid in Fahrt brachte, jedoch blieb es bei Kleinstauflagen.

Expertise auf dem Gebiet der Hybridtechnik

Nur die Japaner besaßen die notwendige Verbissenheit, um alle Schwachpunkte des Hybrids zu eliminieren, und so kam es am Ende zum Showdown Honda Insight gegen Toyota Prius.

Vielleicht lag es am Erfahrungsvorsprung – Toyota erforschte schon seit 1965 die Grundlagen der Hybridtechnik und lancierte 1977 den adrenalinhaltigen Sports 800 als Prototyp für Praxistests. Jedenfalls gab Toyota im Herbst 1997 bei der Weltklimakonferenz in Kyoto das Go für den Serienstart der kleinen Vollhybrid-Limousine Prius.

Auf dem US-Markt war dagegen Honda schneller, zuerst schaltete dort die Startampel für das Hybrid-Coupé Honda Insight auf Grün, dann für den Prius. Allerdings fuhr am Ende allein der viertürige Prius auf Erfolgskurs, denn nur er überzeugte als Vollhybrid, bei dem Benzin- und Elektromotor unabhängig voneinander oder gemeinsam das Fahrzeug antreiben – anders als der Honda Insight, der nicht ohne Verbrenner fuhr.

Viel Skepsis

So viel Vorsprung durch Vollhybrid-Technik hatte ihren Preis. 44.400 Mark verlangte Toyota für den 4,32 Meter langen Prius, als dieser im Januar 2001 mit 53 kW/72 PS leistendem Benziner und 33 kW/44 PS starkem E-Motor in Deutschland eintraf. Zu teuer für ein hässliches Entlein, dachten offenbar sogar Umweltschützer, gab es doch zum gleichen Kurs stolze Schwäne wie BMW 3er und Audi A4. Vor allem: Wo war er denn, der Verbrauchsvorsprung des Prius? 5,1 Liter Normverbrauch, darüber konnten Piloten vieler Diesel-Pkw nur amüsiert grinsen.

Andererseits trat der Prius außerhalb Europas nur gegen Benziner an, und er punktete von Beginn an mit dem Vorteil, kurzzeitig elektrisch und damit lokal CO2-frei zu rollen. Den Skeptikern nahm erst die 2003 vorgestellte zweite Prius-Generation den Wind aus den Segeln, nun avancierte der keilförmige Hybrid endgültig zum Hipster.

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Entwicklung zum Kultauto

Das erste Serienmodell mit unter 100 Gramm CO2-Emissionen gewann den europäischen Medienpreis „Auto des Jahres“, und viele Betreiber von Taxiflotten vertrauten auf den zuverlässigen Toyota, dessen Batterie auch nach einer Million Kilometern noch fit war.

Für Hollywood-Stars wie Cameron Diaz, Leonardo di Caprio oder Harrison Ford war der weiterentwickelte Hybridantrieb – bis zu zwei Kilometer schaffte der zweite Prius komplett elektrisch – angesagte Öko-Couture für die Fahrt zur Oscar-Preisverleihung, und deutsche Politiker zeigten sich speziell bei Wahlkampfauftritten im Prius.

Knapp zehn Jahre brauchten Toyota und die Nobeltochter Lexus, um die erste Million Hybridfahrzeuge zu verkaufen, seit 2017 sind es über eine Million Einheiten pro Jahr. Die Konkurrenz verschlief die neue Technik nicht, aber weder Honda noch Ford, GM, Peugeot oder die deutschen Marken konnten auch nur annähernd ähnlich respektable Stückzahlen vermelden.

Erweiterte Palette in der dritten Generation

Nicht einmal die ab 2009 eingeführten vollelektrischen Typen von Mitsubishi, Nissan oder Tesla bremsten den Toyota-Hybridantrieb aus. Den dritten Prius (2009 - 2016) gab es erstmals optional als Van Prius+ sowie als Plug-in-Hybrid für mehr Reichweite im Elektromodus, und die vierte Auflage des Prius (2015 - 2022) überraschte mit einem Solardach-Aufladesystem im Plug-in-Hybrid für zusätzliche Kilometer.

Gleichzeitig schob Toyota Hybridtypen in allen Klassen nach, vom Cityflitzer Yaris über Corolla und RAV4 bis zum Full-Size-SUV Highlander, nicht zu vergessen die Lexus-Hybridflotte. Viele konzerninterne Konkurrenten, die die Verkaufszahlen des Prius einbremsten.

Immerhin, die Rolle des Vorreiters bleibt dem Prius bis heute, visualisiert in der Designsprache der fünften Auflage des Hybrid-Pioniers. Allerdings denkt Toyota längst den nächsten Schritt: Die Welt sollen künftig Null-Emissions-Fahrzeuge retten, Stromer wie die BZ-Modelle oder FCEV-Typen wie der Mirai.

Ob der erste Prius das Potential zum Oldtimer haben wird, weiß Aleksandra Lippert von der Bewertungsorganisation Classic-Analytics: „Interessante Technik, die keinen interessiert – so ähnlich stellt sich derzeit die Situation des ersten Toyota Prius auf dem Klassikermarkt dar. Zu einem großen Teil liegt es wohl daran, dass die wenig emotionale Hybridtechnik in einem unscheinbaren Kompaktauto verbaut wurde und selbst Technikfans nicht sicher sind, wie es nach 30 Jahren um deren Haltbarkeit bestellt ist. Die wenigen erhaltenen Exemplare gibt es daher im guten Zustand schon für etwa 2.200 Euro.“

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