Preissteigerungen Handwerkspräsident Wollseifer warnt vor Insolvenzwelle
Die Preissteigerungen bereiten den Handwerksbetrieben große Probleme. Namentlich das Kfz-Handwerk ist stark betroffen. Der Präsident des Handwerksverbands ZDH fordert jetzt schnelle politische Unterstützung. Denn gleichzeitig zieht die Inflation wieder an.

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, fordert angesichts von Preissteigerungen rasche staatliche Hilfe für Betriebe. Vor allem für energieintensive Betriebe habe sich die Lage dramatisch verschärft, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Vielen steht das Wasser inzwischen bis zum Hals“, so Wollseifer. „Und diese Betriebe gehen unter, wenn ihnen nicht schnell ein Rettungsring aus direkten und unbürokratischen Härtefallhilfen zugeworfen wird.“
Zeitverzögerte Maßnahmen reichten nicht, betonte Wollseifer. „Um eine Insolvenzwelle im Handwerk zu verhindern, muss die Unterstützung jetzt kommen. Und sie muss für die betroffenen Betriebe einfach zu beantragen sein.“
Kfz-Handwerk stöhnt unter Energiepreis-Explosion
In einer aktuellen Befragung des ZDH zu den Folgen des Ukrainekriegs mit einigen Tausend Teilnehmern klagten 87 Prozent über gestörte Lieferketten und gestiegene Beschaffungspreise. Bestehende Aufträge würden unwirtschaftlich: 70 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie mit Aufträgen faktisch Verluste erzielten. „Vielen Betrieben fehlen schlicht die Mittel, um eine solche Durststrecke zu überstehen“, warnte Wollseifer.
Die allermeisten Betriebe (88 Prozent) berichteten von gestiegenen Kosten für Strom und Wärme seit Jahresbeginn, und zwar im Mittel um 62 Prozent. Besonders im Lebensmittel- und Kfz-Handwerk ist dies laut Umfrage ein Problem. Nur die wenigsten konnten den Kostenanstieg komplett an ihre Kunden weitergeben; 70 Prozent gaben an, dies zumindest teilweise zu können, 27 Prozent gar nicht. Das liege unter anderem an fehlender Zahlungsbereitschaft von Kunden, der Bindung an bestehende Verträge und starkem Wettbewerb von Konkurrenten.
Wollseifer fordert rasche Hilfe
Wollseifer forderte, sogenannte Preisgleitklauseln stärker bei öffentlichen Aufträgen zu nutzen. Diese machen es möglich, Preise für Waren oder Dienstleistungen im Nachhinein an gestiegene Kosten anzupassen. Während der Bund die Nutzung bei Bauaufträgen möglichst flächendeckend verlange, sei die Nutzung in Ländern und Kommunen noch lückenhaft, ermittelte der ZDH. Nötig sei auch mehr Flexibilität bei Fertigstellungsfristen, so der Verband.
Es sei richtig, dass die Bundesregierung das Energiekostendämpfungsprogramm, das energie- und handelsintensiven Unternehmen mit Zuschüssen hilft, branchenübergreifend für besonders betroffene Betriebe öffnen wolle, so Wollseifer. „Doch nun kommt es darauf an, dass es nicht bei einer Ankündigung bleibt, sondern diese Härtefallhilfe schnell so umgesetzt wird, dass betroffene Betriebe sie in diesem und im kommenden Jahr nutzen können.“
Darüber hinaus müsse man die Energiekosten für kleine und mittlere Betriebe abfedern – über eine Energiepreisbremse und eine Senkung der Energiesteuern auf die europarechtlich zulässigen Mindeststeuersätze.
Teuerung springt auf fast acht Prozent
Inzwischen ist laut einer aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamts die kurzzeitige Entspannung der Verbraucherpreise wieder verpufft: Getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen sei die Teuerungsrate im August auf 7,9 Prozent gestiegen. Gaskunden drohen zudem weiter anziehende Preise wegen der Gasumlage. Diese ermöglicht es Gasversorgern, Mehrkosten an ihre Kunden weiterzugeben.
Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern muss man bis in den Winter 1973/1974 während der Ölkrise zurückgehen, um ähnlich hohe Werte zu finden. Ökonomen rechnen in den nächsten Monaten mit weiter steigenden Verbraucherpreisen.
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