Nutzfahrzeuge E-Actros 600 fährt elektrisch im schweren Fernverkehr
Mercedes-Benz Trucks macht in der schweren Klasse Ernst mit der Elektromobilität. Der Fernverkehrs-Lkw „E-Actros 600“ soll im kommenden Jahr 2024 serienreif werden — und stellt hohe Anforderungen an die Ladeinfrastruktur.

Mercedes-Benz Trucks stellt am 10. Oktober erstmals den elektrisch angetriebenen, schweren Fernverkehrs-Lkw „E-Actros 600“ vor. Die Typbezeichnung 600 leitet Mercedes von der Batteriekapazität in Kilowattstunden ab. Drei Batteriepakete liefern im E-Actros 600 eine Gesamtkapazität von über 600 Kilowattstunden. Für den Antrieb sorgen zwei Elektromotoren, die Bestandteil einer neuen E-Achse sind; eine Eigenentwicklung von Mercedes-Benz. Ihre Architektur basiert auf einem 800-Volt-System. Die Motoren haben eine Dauerleistung von 400 Kilowatt; die Spitzenleistung beträgt „über 600 kW“, erklärt ein Unternehmenssprecher. Auf „etwa 500 Kilometer ohne Zwischenladen“ beziffert Mercedes die Reichweite des Trucks.
Im E-Actros nutzt Mercedes Akkus mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen, sogenannte LFP-Zellen. An einer Ladesäule „mit etwa einem Megawatt Leistung“ sollen sich die Akkus „in deutlich unter 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent“ laden lassen. Zusätzlich zur Sattelzugmaschine wird es ab Marktstart Pritschenfahrgestell-Varianten des Modells geben.
Hinsichtlich der Dauerhaltbarkeit von Fahrzeug und Komponenten muss sich der elektrische Actros mit einem vergleichbaren konventionellen schweren Fernverkehrs-Actros messen. Das heißt: 1,2 Millionen Kilometer Laufleistung in zehn Betriebsjahren. Die Serienreife des E-Lkw ist für 2024 geplant.
Prototypen für Praxistests bei Kunden
Den Prototypen des jetzt in Serie gehenden elektrischen Actros hatte der Hersteller auf der IAA Transportation 2022 vorgestellt. Seitdem entstanden im Werk in Wörth Testfahrzeuge. Anfang dieses Jahres testete Mercedes die Prototypen bei einer Wintererprobung in Finnland. Aktuell entsteht laut des Sprechers eine Flotte von rund fünfzig Prototyp-Fahrzeugen, die erste Kunden für die Praxiserprobung erhalten sollen. Deren Aufbau erfolgt „so seriennah wie möglich“.
Umbau der Produktionswerke Mannheim, Gaggenau und Kassel
Parallel dazu bereiten sich die Standorte Wörth, Mannheim, Gaggenau und Kassel auf die Serienproduktion des neuen Modells und der Komponenten vor. Der E-Actros 600 entsteht auf der bestehenden Montagelinie in Wörth – parallel und flexibel neben Lkw mit Dieselmotor. In Wörth montieren die Beschäftigten zudem die elektrischen Antriebskomponenten in den E-Lkw. Dazu zählen die E-Achse, Hochvoltbatterien und die Frontbox. Sie bündelt mehrere Steuergeräte und Hochvolt-Komponenten und den elektrischen Luftpresser. Montiert ist das Modul im früheren Bauraum des Verbrennungsmotors. Die Frontbox entsteht in Mannheim.
Das Werk Mannheim ist das führende Werk bei Nutzfahrzeugmotoren des Herstellers. Am Standort befindet sich das „Kompetenzzentrums für Emissionsfreie Mobilität“. Es verfügt laut des Sprechers über 25 Jahre Erfahrung und wird sich auf Batterietechnologien und Hochvoltsysteme konzentrieren.
Das Werk Gaggenau ist spezialisiert auf schwere Nutzfahrzeuggetriebe. Künftig wird es zum Kompetenzzentrum für elektrische Antriebskomponenten; darunter die E-Achse. Bereits seit 2021 entstehen hier wesentliche Teile für die E-Achse des Verteiler-Lkw E-Actros 300/400 und des Müllsammelfahrzeugs E-Econic. Dazu zählen vor allem mechanische Teile, die hier seit vielen Jahren für Fahrzeuge mit herkömmlichen Antriebssträngen entstehen: Getriebekomponenten wie Wellen, Räder und Gehäuseteile.
Von Gaggenau liefert Mercedes die Teile nach Kassel für die Montage der Achs- und Getriebekomponenten. Kassel ist das Kompetenzzentrum für konventionelle Achsen und elektrische Antriebssysteme. Aktuell befindet sich das Werk in der Prototypenphase der E-Achs-Montage.
Gleichteile in konventioneller und E-Achse
Rumpfachse, Radkopf und Bremsenumfänge für die drei E-Lkw stammen aus der konventionellen Achse, die im Werk Kassel seit über zwei Jahrzehnten entsteht. „Die Komponenten werden hochflexibel auf der konventionellen Montagelinie produziert, sodass das Werk je nach Auftragslage zwischen konventioneller und elektrischer Achse variieren kann“, beschreibt der Sprecher. Für den Serienstart entsteht eine neue Montagelinie mit Test- und Prüfstationen der funktions- und sicherheitsrelevanten Merkmale.
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