Interessengemeinschaft Fahrzeugtechnik und Lackierung Vollständig kalkulieren
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Gestern veranstaltete die IFL in Zusammenarbeit mit dem ZKF ein Onlineseminar. Im Fokus stand die Einbindung der Arbeitspositionen der IFL-Liste in die Reparaturkostenkalkulation.

Eine vollständige Kalkulation eines Unfallschadens allein aufgrund der Fahrzeugherstellerdaten ist nahezu unmöglich. Für Karosserie- und Lackbetriebe sowie Sachverständige ist das eine unbefriedigende Situation, denn sie brauchen die Herstellerzeitvorgaben als Anhaltspunkt für ihre Schadenkalkulationen. Für bestimmte, immer wiederkehrende Arbeiten ohne Vorgabezeiten hat die Interessengemeinschaft Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL – siehe Kasten) die sogenannte IFL-Liste konzipiert, die Stand heute 85 Positionen umfasst.
Wie Werkstätten mit diesen Positionen umgehen können bzw. sollen, darum ging es im gestrigen IFL-Online-Seminar, dass die IFL in Zusammenarbeit mit dem ZKF veranstaltete. An der Diskussion beteiligten sich:
- Peter Börner, 1. Vorsitzender der IFL und ZKF-Präsident
- Henning Hamann, Verkehrsfachanwalt und Geschäftsführer Rechtsanwaltskanzlei Voigt GmbH
- Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten und Mitglied der Geschäftsführung Dekra Automotive GmbH
- Axel Krüger, Cooperation Manager Karosserie & Lack, DAT
- Tobias Metzner, selbstständiger Sachverständiger und Dozent an der Akademie des ZKF-Kompetenzzentrums
- Michael Zierau, Referatsleiter Technik, ZKF
- Nadja Becker, Leiterin der Akademie, koordinierte die Diskussionsrunde und reicherte sie durch Fragen aus dem Chat an.
Zunächst machte Michael Zierau deutlich, dass die Kalkulationssysteme der Datenlieferanten zwar gute Arbeitsmittel, aber nicht die Bibel für die K&L-Betriebe seien. Jede Kalkulation müsse an den real vorliegenden Fall angepasst werden und dies sei aus Sicht des ZKF legitim und müsse von Versicherungen und Prüfdienstleistern akzeptiert werden. Allerdings sei die IFL-Liste kein „Selbstbedienungsladen“. Wenn ein Betrieb IFL-Positionen in seine Kalkulation aufnehmen würde, müsste er auch prüfen, ob dieser Arbeitsaufwand nicht beispielsweise in Verbundzeiten für bestimmte Arbeiten beim betreffenden Hersteller schon enthalten sei. Zierau riet den Betrieben, die Arbeitspositionen zu dokumentieren, beispielsweise durch Fotos.
Peter Börner machte deutlich, dass die Betriebe für eine vollständige Schadenkalkulation nicht den Segen eines Versicherers oder Schadenlenkers benötigen. Vielmehr spiele hierfür einzig die Erforderlichkeit einer Maßnahme eine Rolle. Versicherer und Prüfdienstleister würden das allerdings nicht anerkennen und die IFL-Positionen regelmäßig aus den Rechnungen kürzen, weil es hierfür eben keine Herstellervorgabe gebe.
Bernd Grüninger hielt dem entgegen, dass nur das zähle, was sinnvoll und nachvollziehbar sei und was zu einer ordnungsgemäßen Reparatur dazu gehöre. Die Dekra-Sachverständigen seien angehalten, IFL-Positionen zu verwenden, wenn dies nachvollziehbar sei und wenn sie im Rahmen der Instandsetzung tatsächlich anfallen würden. Tobias Metzner bezeichnete die IFL-Liste als festen Bestandteil der Kalkulation. Die Kalkulationssysteme seien aus seiner Sicht zwar sehr gut aber verschiedene Positionen seien nicht in den Kalkulationssystemen enthalten. Der freie Sachverständige sollte die Liste konsequent anwenden. Genau so konsequent sollten die IFL-Positionen in der Kalkulation gekennzeichnet werden. Dabei sei wichtig, dass die Arbeitspositionen auch nachvollziehbar seien.
Tipps, wie die Positionen der IFL in eine Kalkulation einzubauen sind, gab Axel Krüger. Die DAT habe die IFL-Liste in ihre Kalkulationssysteme integriert. Auch Krüger plädierte dafür, die einzelnen Positionen sach- und fachgerecht einzusetzen und ihre Verwendung entsprechend zu dokumentieren.
Rechtsanwalt Henning Hamann warnte davor, sich bei der Reparaturkostenkalkulation – zumindest im Haftpflichtfall – auf den Kostenvoranschlag zu stützen. Der sei zwar schnell erstellt, sei aber rechtlich gesehen keine gute Idee. Es komme bei der rechtlichen Schadenbewertung nicht darauf an, wie die Fachleute in der Werkstatt dies sehen würden. Vielmehr sei ausschlaggebend, ob der Geschädigte erkennen könne, was für die Instandsetzung notwendig ist. Das könne er natürlich nicht, und deshalb dürfe sich der Geschädigte auf das Urteil eines Sachverständigen verlassen. Hamann appellierte an die Teilnehmer, im Haftpflichtfall auf keinen Fall mit einem Kostenvoranschlag zu arbeiten. Komme es zum Streitfall würden Gerichte in der Regel sagen, auf den Kostenvoranschlag der Werkstatt könne man sich nicht verlassen. Für Hamann ist diese Argumentation durchaus einleuchtend, sonst wäre das „eine Lizenz zum Gelddrucken“, so der Rechtsanwalt. Der Geschädigte habe das Recht, den Sachverständigen, den Rechtsanwalt und natürlich auch die Werkstatt seiner Wahl zu beauftragen. Tue er das, dann könne im Nachhinein auch keine Versicherung etwas aus der Rechnung herausstreichen.
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