Schadenabwicklung Angestellte Sachverständige haften persönlich
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Ignoriert ein von der Versicherung beauftragter Sachverständiger aus Kostengründen die Herstellervorgaben, so haftet er für Folgeschäden – selbst wenn die Werkstatt wider besseren Wissens nach seinen Vorgaben repariert.

Führt eine entgegen technischen Regeln im Wesentlichen dem Sparen dienende Festlegung eines bei einem Versicherer angestellten Sachverständigen zu einem Folgeschaden, haftet der Sachverständige persönlich auf Schadenersatz (BGH, Urteil vom 07.07.2020 - VI ZR 308/19).
Was war passiert? Ein Mitarbeiter einer Tankstelle führt einen dort angebotenen „Tankwartcheck“ durch und vergisst, den Deckel des Kühlwasserausgleichsbehälters wieder aufzusetzen. Die Folge: ein kapitaler Zylinderkopfschaden. Der Versicherer hinter der Tankstelle musste für den Schaden eintreten. Doch dann ging es weiter!
Im Urteil wird der weitere Verlauf so beschrieben: „Die Z-Versicherung zog den Beklagten, einen bei ihr angestellten Kfz-Sachverständigen, hinzu. Der Werkunternehmer vereinbarte mit dem Beklagten, dass zunächst der Zylinderkopf entfernt werden solle, um das Ausmaß des Schadens feststellen zu können. Der Beklagte stellte fest, dass neben den Arbeiten am Zylinderkopf auch der Zahnriemen zu wechseln sei.
Während der Begutachtung wies der Werkunternehmer den Beklagten darauf hin, dass nach der Herstellervorgabe nicht nur der Zahnriemen gewechselt werden müsse, sondern auch die Zusatzriemen, die die Nebenaggregate antreiben. Der Beklagte erklärte, dies sei unnötig und würde lediglich die Kosten in die Höhe treiben. Nach Beauftragung durch die Klägerin führte der Werkunternehmer die Reparatur des Pkw nach den Vorgaben des Beklagten wider besseres Wissen durch. Bei einer Fahrt mit dem Pkw am 6. März 2017 entstand an diesem ein wirtschaftlicher Totalschaden. Der Schaden beruhte darauf, dass der Werkunternehmer zwar Zylinderkopf und Zahnriemen repariert, nicht jedoch auch die Zusatzantriebsriemen ausgetauscht hatte.“
Sachfremdes Eingreifen des Sachverständigen
Die Haftung des Sachverständigen, der ja von der Werkstatt auf die Herstellervorgaben aufmerksam gemacht wurde, für den Folgeschaden begründet der BGH so: „Der Beklagte hat mit dieser Erklärung den Werkunternehmer sowohl durch Inanspruchnahme seiner fachlichen Expertise (‚unnötig‘) als auch durch den unterschwelligen Rekurs auf die möglicherweise mangelnde Regulierungsbereitschaft der Z-Versicherung (‚lediglich Reparaturkosten in die Höhe treiben‘), für die er erkennbar aufgetreten ist, von der Erbringung einer objektiv notwendigen und der Klägerin geschuldeten Leistung abgehalten.“ Für ein nicht ausgetauschtes Lenkgetriebe mag man sich den schlimmsten Folgeschaden gar nicht vorstellen. ■
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